Geopolitik im Fokus

Das vergangene Jahr war geprägt von geopolitischen Spannungen und Konflikten. Trotzdem verharrte die Volatilität übers ganze Jahr auf relativ tiefem Niveau. Der Volatility Index der SIX Swiss Exchange (VSMI) erzielte im Frühling durch die Turbulenzen rund um die Credit Suisse einen Jahreshöchstwert von 21.65 und blieb somit unter den Jahreshöchstwerten der letzten 5 Jahre. Der amerikanische Volatilitätsindex VIX erzielte gar seinen tiefsten Wert seit 2018. Dennoch fehlte es bis kurz vor Jahresende an klaren Trends an der Börse. So schloss der SMI nur dank einer fulminanten Jahresendrally von +7.88% das Jahr im grünen Bereich ab (+3.81%). Der amerikanische S&P 500 erzielte, getragen vom Jahresendspurt, eine Rendite von +24.23%. Auch in den nächsten 12 Monaten bleibt es spannend an der Börse. Im Jahr 2024 wird gleich in mehreren bedeutenden Volkswirtschaften gewählt. Die Blicke richten sich gegen Jahresende insbesondere auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl, deren Ergebnis nicht nur für das amerikanische Volk, sondern auch für die Entwicklung an den Börsen entscheidend sein wird.

Frühlingsputz im Bankensektor

Im Frühling brachten die gestiegenen Zinsen und das schwindende Kundenvertrauen weltweit Banken ins Wanken und schickten die Börsen auf eine Achterbahnfahrt. Im März verzeichnete der MSCI World Banks Industry Index innerhalb von nur drei Wochen einen Wertverlust von 15.9% (in Lokalwährungen). Als Folge kam es unter anderem im SMI zu einem Frühlingsputz. Die Titel der Credit Suisse sucht man heute vergebens an der Börse. Die ehemals zweitgrößte Schweizer Bank wurde in einem durch den Bundesrat und die Nationalbank orchestrierten Deal in die UBS integriert. Ein ähnliches Schicksal ereilte die drei ehemals im S&P 500 gelisteten US-Institute Silicon Valley Bank, First Republic Bank und Signature Bank. In dieser Zeit mussten Zentralbanken in der Schweiz und den USA nach monatelangem Quantitative Tightening ihre Bilanzsummen kurzzeitig erhöhen, um dringend benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen. Trotz der Turbulenzen im Bankensektor erzielte der MSCI World Banks Industry Index per Jahresende eine positive Jahresperformance von 14.5% (in Lokalwährungen). Eine Wiederholung der Ereignisse vom Frühling 2023 scheint unwahrscheinlich, auch wenn erst vor kurzem die österreichische Signa Holding dem Zinsanstieg zum Opfer fiel. Nach den inflationsbedingten Zinserhöhungen der letzten zwei Jahre dürfte es gemäß den Markterwartungen im Jahr 2024 erneut zu Zinssenkungen kommen. In Kombination mit fallenden Obligationsrenditen und steigenden Unternehmensgewinnen gehen UBS-Analysten für das neue Jahr von steigenden Aktienmärkten aus.

1000001 1001001

Artificial Intelligence, kurz AI (oder in Binärcode 1000001 1001001), war das Schlagwort des vergangenen Jahres. Im November 2022 wurde ChatGPT, welches das Titelbild unseres LinkedIn-Posts generiert hat, für die Öffentlichkeit zugänglich und erreichte innerhalb von drei Monaten eine Reichweite von 100 Millionen Nutzern. Instagram benötigte dafür beispielsweise zweieinhalb Jahre. Profitiert von der unglaublichen Entwicklung im AI-Bereich hat unter anderem Nvidia, welche Grafikprozessoren und Computerchips herstellt, die die Grundlage für die enorme Rechenleistung von AI-Modellen bilden. Der Aktienwert der US-Firma verdreifachte sich im vergangenen Jahr, und so stieß Nvidia in den illustren Kreis der Billionen-Dollar-Unternehmen, in dem sich neben zwei Ölkonzernen ausschließlich Technologiefirmen aufhalten. Es scheint, als wären Bits und Bytes das neue flüssige Gold unseres Zeitalters. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn Bloomberg einen möglichen Taiwankrieg als größtes Risiko für die Weltwirtschaft einschätzt. Der kleine Inselstaat beherrscht rund 20% des globalen Halbleitermarktes. Im Kriegsfall würde ein Zusammenbruch der lokalen Produktion die weltweite Knappheit an Halbleitern weiter befeuern. Artificial Intelligence hat mittlerweile auch Einzug in den Investmentbereich gehalten. AI-Modelle können in kurzer Zeit komplexe Muster analysieren und beispielsweise Marktunvollkommenheiten erkennen oder datenbasierte Prognosen für verschiedene Anlageklassen liefern. Dabei sind sie nicht von ihren eigenen Emotionen beeinflusst und können so unter anderem in turbulenten Marktsituationen einen kühlen Kopf bewahren. Der AI-Outperformance Index von PLEXUS zeigt eindeutig, dass AI-basierte Anlagestrategien einen Mehrwert für Anleger generieren können. So konnten im letzten Jahr je nach Monat 25% bis zu über 50% der beobachteten AI-Fonds ihren Benchmark übertreffen. Eine Quote, die klassische Anlagestrategien kaum erreichen.

Made in Switzerland

Deutschland war im vergangenen Jahr mit einem BIP-Rückgang von 0.5% das wirtschaftliche Sorgenkind Europas. Dies wirkte sich auch auf die Schweizer Exporte nach Deutschland aus, welche zwischen Januar und November 2023 im Vergleich zur Vorperiode um über 3% zurückgingen. Im Vergleich zum Jahresbeginn weist der Schweizer Gesamtexport per Ende November einen leichten Abwärtstrend auf. Es gibt jedoch Hoffnung für 2024. Wie auch für den Rest von Europa rechnet der Internationale Währungsfonds für das kommende Jahr mit einem positiven BIP-Wachstum für Deutschland, und das SECO erwartet bei den Schweizer Exporten eine Erholung – «Made in Switzerland» ist demnach weiterhin gefragt, insbesondere bei Luxusgütern.

Nach dem durch Corona und den Ukrainekrieg bedingten Einbruch nahm die Konsumstimmung in den USA im vergangenen Jahr wieder an Fahrt auf. Der US Consumer Sentiment Index der University of Michigan klettert seit seinem Tiefpunkt von 50 Punkten im Juni 2022 stetig hoch und datierte am Jahresende bei 69.7 Punkten. Von der aufblühenden Konsumstimmung profitierte hierzulande auch die Uhrenbranche, welche von Januar bis November 2023 ihre Exporte im Vergleich zur Vorperiode deutlich steigern konnte. Dieser Aufwärtstrend konnte sich jedoch bisher noch nicht in den Aktienkursen der beiden grossen Schweizer Luxushäuser Richemont und Swatch widerspiegeln. Die beiden SMI-Titel verloren im Jahresverlauf im Vergleich zum Schweizer Leitindex 7.27% bzw. 16.89%. Richemont überraschte jedoch am 18. Januar mit einem starken Quartalsergebnis, woraufhin der Kurs am selben Tag um über 10 % anstieg. Nach einem Marktwachstum von 8-10% für das vergangene Jahr rechnen Bain und Altagamma für das neue Jahr mit einem leicht tieferen Wachstum vom 1-4%. Langfristig wird jedoch von einem jährlichen Wachstum von 5-7% pro Jahr ausgegangen. Es gilt zu beobachten welche Firmen vom prognostizierten Wachstum profitieren können.