30.08.2024
In einer Welt, in der Anleger oft der Herde folgen und in die am meisten gehypten Aktien investieren, gibt es eine Strategie, die genau das Gegenteil tut – die Contrarian-Strategie. Aber was bedeutet das wirklich? Im Rahmen unserer Beitragsserie, in der wir unterschiedliche Anlagestrategien vorstellen, betrachten wir heute eine Strategie, bei der Investoren bewusst gegen den Strom schwimmen.
Die Contrarian-Strategie ist eine Anlagestrategie, die darauf abzielt, gegen den Marktstrom zu investieren. Während die Mehrheit der Investoren auf Aktien setzt, die gerade im Trend liegen, geht der Contrarian-Investor genau den entgegengesetzten Weg. Er setzt auf Unternehmen, die momentan unbeliebt sind und deren Aktienkurse unter Druck stehen, in der Überzeugung, dass der Markt überreagiert hat und sich die Situation irgendwann normalisieren wird. Diese Strategie erfordert Mut gegen den und einen kühlen Kopf, da sie oft bedeutet, gegen die allgemeine Marktmeinung anzutreten und dem emotionalen Druck standzuhalten – aber genau darin liegt auch die Chance, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, wenn sich die Märkte korrigieren.
Diese Strategie ist nicht nur eine Vermutung, sondern gründet auf solider Forschung. Die Arbeit von Lakonishok, Shleifer und Vishny (1994) zeigt, dass Märkte oft überreagieren und somit Fehlbewertungen schaffen, die durch Contrarian-Investitionen ausgenutzt werden können. Diese Überreaktionen entstehen, weil Investoren dazu neigen, die jüngste Performance von Aktien zu extrapolieren und dadurch fundamentale Werte zu übersehen.[1]
Parallel dazu bestätigt Eugene F. Fama (1998) in seiner Untersuchung, dass solche Anomalien oft durch Verhaltensweisen der Investoren verursacht werden, die auf Marktineffizienzen hinweisen. Er zeigt jedoch auch, dass viele dieser Anomalien verschwinden können, wenn sie mit verschiedenen methodischen Ansätzen betrachtet werden. Dennoch bleiben einige bestehen, die explizit durch psychologische Faktoren wie Überreaktionen verursacht werden – genau die Art von Chancen, die Contrarian-Investoren ausnutzen.[2]
Eine aktuelle Studie von Wouassom (2024) hebt die Wirksamkeit der Contrarian-Strategie auf globaler Ebene hervor. Durch die gezielte Anwendung von Reversal-Strategien auf Länderindizes konnten signifikante Renditen erzielt werden, insbesondere in Schwellenländern, wo diese Strategie eine beeindruckende jährliche Rendite von über 14% erzielte. Wouassom zeigt, dass auch in einer globalisierten Welt nach den Arbeiten von Fama (1998) und Lakonishok et al. (1994) Märkte überreagieren und somit Chancen für Contrarian-Investoren entstehen.[3]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Contrarian-Strategie eine überzeugende Option für Anleger darstellt, die bereit sind, gegen den Marktstrom zu schwimmen und sich nicht von kurzfristigen Trends leiten zu lassen. Die Forschung zeigt, dass Märkte immer wieder zu Überreaktionen neigen, was für mutige Investoren profitable Gelegenheiten schafft. Ob durch das gezielte Setzen auf unterbewertete Aktien oder das Nutzen globaler Preisrückgänge – die Contrarian-Strategie bietet das Potenzial, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, besonders in Zeiten, in denen die Mehrheit der Anleger der Herde folgt. Doch wie bei jeder Anlagestrategie ist es entscheidend, das richtige Gleichgewicht zwischen Risiko und Rendite zu finden und die eigene Strategie regelmässig zu hinterfragen und anzupassen.
[1] Lakonishok, J., Shleifer, A., & Vishny, R. W. (1994). Contrarian Investment, Extrapolation, and Risk. The Journal of Finance, 49(5), 1541-1578. https://doi.org/10.1111/j.1540-6261.1994.tb04772.x
[2] Fama, E. F. (1998). Market efficiency, long-term returns, and behavioral finance. Journal of Financial Economics, 49(3), 283-306. https://doi.org/10.1016/S0304-405X(98)00026-9
[3] Wouassom, A. (2024). Global reversal strategy: equilibrium of endogenous trading? Review of Behavioral Finance. Advance online publication. https://doi.org/10.1108/RBF-07-2023-0184